Erfolg durch Diversität: Interview mit Kathrin Sauter und Julia Remmele
Kathrin Sauter und Julia Remmele sind junge, weibliche Führungskräfte bei MANN+HUMMEL. Kathrin leitet als Vice President den Bereich Corporate Marketing & Communications. Julia leitet den Bereich Corporate Digital Solutions und verantwortet eine der wichtigsten Initiativen zur digitalen Transformation bei MANN+HUMMEL. In unserem Interview sprechen sie über ihre persönliche Definition von Erfolg, die Vorteile von Diversity und darüber, wie die Unternehmenskultur in Zeiten von COVID-19 gefördert werden kann.
Wie definiert ihr Erfolg, wenn ihr über eure eigene Karriere nachdenkt?
Kathrin: Titel und Gehälter sind nicht unbedingt die klassische Definition von Erfolg für mich. Aber wenn meine Vorgesetzten, Mitarbeiter und Kollegen mich als wertvollen Teil des Teams wahrnehmen, meine Arbeit als wertschöpfend betrachten oder mein Engagement zu schätzen wissen, dann bedeutet das für mich, erfolgreich zu sein. Auch wenn meine Kollegen oder sogar Vorgesetzten wissen, dass sie mit mir ihre Sorgen teilen oder auch Kritik äußern können, weiß ich, dass ich etwas richtig gemacht habe. Und natürlich muss man dabei auch an sich selbst glauben und wissen, was man kann. Das strahlt man dann entsprechend aus und die Titel und Gehaltssprünge kommen vielleicht zur richtigen Zeit dazu. Das ist zwar auch wichtig, hat aber für mich nicht primär mit Erfolg zu tun.
Julia: Für mich bedeutet Erfolg, dass man Dinge wertschätzen kann, die man erreicht hat. Wenn ich zurückschaue, gab es immer bestimmte Themen, die ich aus eigenem Antrieb vorangebracht habe, weil sie mir am Herzen lagen. Mein aktuelles Projekt ist das beste Beispiel dafür. Alles begann mit Herausforderungen, die ich selbst in meiner täglichen Arbeit hatte, und das hat sich nun zu einer wichtigen Initiative mit unternehmensweiter Reichweite entwickelt. Diese Initiative wird das Unternehmen nachhaltig verändern. Daher ist Erfolg für mich, wenn du es schaffst, andere für eine Idee zu gewinnen, an die du selbst fest glaubst. Wenn man zu einem Team heranwächst, in dem alle in die gleiche Richtung ziehen. Wenn man gemeinsam erfolgreich ist und das Unternehmen positiv verändern kann – dann weiß man, dass sich alles gelohnt hat.
Welche Fähigkeiten braucht man, um eine gute Führungskraft zu sein?
Julia: Für mich ist es sehr wichtig, seinem Team zuzuhören und ihre Probleme ernst zu nehmen. Zweitens halte ich die Fähigkeit zu priorisieren für enorm wichtig. Man hört sehr oft, dass Führungskräfte keine Zeit haben für Personalthemen und Talentmanagement. Aber um ehrlich zu sein, ist das eigentlich nur eine Frage von Priorisierung. Drittens muss man als Leiter Entscheidungen treffen. Dazu gehört auch, Verantwortung zu übernehmen und zu eigenen Fehlern zu stehen. Der erste Schritt besteht darin, seine Mitarbeiter zu befähigen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Wenn sie dies jedoch aus irgendeinem Grund nicht können, bin ich hier und wir entscheiden dann gemeinsam.
Kathrin: Empowerment ist mir sehr wichtig – den Mitarbeitern Verantwortung zu übergeben und darauf zu vertrauen, dass sie bestimmte Dinge besser können als man selbst. Ich versuche auch, immer authentisch zu sein, denn das ist der Schlüssel für die Akzeptanz seiner eigenen Mitarbeiter. Zuverlässigkeit ist auch eine essentielle Fähigkeit für Manager. Für Mitarbeiter ist es entscheidend, dass man sein Wort hält.
Julia, wie profitiert MANN+HUMMEL deiner Meinung nach von jungen Führungskräften und warum ist es wichtig, in Zukunft mehr junge weibliche Führungskräfte einzustellen und zu fördern?
Julia: Ich denke, es geht nicht speziell um junge oder weibliche Manager, sondern um die Tatsache, dass MANN+HUMMEL allgemein von diversen Teams und diversen Führungskräften profitiert – mit Menschen unterschiedlichen Geschlechts, Alters und Hintergrunds. Um die Vielfalt in der Belegschaft und auf Managementebene zu fördern, müssen wir eine Unternehmenskultur und Entwicklungsmöglichkeiten anbieten, die den individuellen Umständen entsprechen. Als Manager ist dies eine meiner wichtigsten Prioritäten.
Lass mich ein Beispiel geben: In meinem Team arbeiten vier Mütter in Teilzeit. Sie alle sind sehr talentiert, und ich möchte ein Umfeld schaffen, in dem sie ihren individuellen Entwicklungsweg so verfolgen können, wie es ihre Familiensituation zulässt.
Es gibt jedoch noch einen weiteren wichtigen Aspekt: “Diversity” sollte nicht dazu führen, dass sich jemand im Sinne einer positiven Diskriminierung benachteiligt fühlt. Es geht darum, Chancengleichheit für alle zu schaffen, da Führungspositionen nicht auf der Grundlage oberflächlicher Merkmale wie des Geschlechts vergeben werden sollten, sondern auf der Grundlage relevanter beruflicher und persönlicher Qualitäten.
Vor welchen Herausforderungen standet ihr als junge Führungskraft und wie habt ihr diese gemeistert?
Kathrin: Unsere Industrie ist eine von Experten dominierte Branche, vor allem was Technik und Technologie angeht. Als junge Führungskraft hat man oft das Gefühl, dass einem die Welt erklärt wird. Wenn man jung und vielleicht noch nicht so erfahren ist, dann nimmt man das oft als persönliche Kritik wahr. Doch nach zwei oder drei Jahren stellst du fest, dass es gar nicht unbedingt eine Kritik an dir ist, sondern einfach ein Austausch, den Erfahrene mit jüngeren Führungskräften haben möchten, um etwas weitergeben zu können.
Als junge Führungskraft habe ich irgendwann Gefallen daran gefunden, unterschätzt zu werden. Und in manchen Situationen habe ich dann einen Sternmoment und kann mit meinem Wissen glänzen. Auf diese Überraschungseffekte freue ich mich immer wieder.
Julia: Als junger Manager hast du automatisch weniger Erfahrung als deine älteren Kollegen. Du musst entsprechend mehr Zeit darin investieren, deine Denkweise zu erklären und überzeugendere Argumente zu liefern. Und das ist eine extrem gute Übung! Wenn du das beherrschst, kannst du viel selbstsicherer in Diskussionen auftreten, auch wenn diese schwierig sind.
Was mir auch auf meinem Weg geholfen hat, war es, erfahrene Kollegen zu finden, die meinen Lern- und Entwicklungsprozess als Mentoren unterstützt haben. Wenn ich Herausforderungen sowohl auf beruflicher als auch auf persönlicher Ebene offen kommuniziere, kann ich mich aus einer anderen Perspektive betrachten und andere Wege finden, um schwierige Situationen anzugehen.
Kathrin, was ist für dich als Führungskraft der schwierigste Teil deines Arbeitstages und was ist der erfüllendste Teil?
Kathrin: Am schwierigsten ist es, am Ende des Arbeitstages loslassen zu können – und das obwohl es noch so viel zu tun gibt. Mit der Zeit lernt man, dass die Arbeit nie vollständig erledigt ist – und das ist auch gut so, denn morgen geht es ja weiter, mit frischem Kopf und neuer Energie.
Was mir am meisten Spaß macht, ist, wenn Mitarbeiter höchstes Engagement für ihre Aufgaben zeigen. Ich glaube, dass Teamgeist und Teammotivation extrem vom jeweiligen Manager abhängen. Wenn ich als Mitarbeiter meinen Vorgesetzten schätze und weiß, dass er mich auch schätzt und mich wirklich in seine Arbeit einbezieht, bin ich auch motivierter. Ich denke, das Beste ist, wenn ich sehe, dass die Leute Spaß an ihrer Arbeit haben und nicht nur teilnehmen, weil sie müssen, sondern weil sie wollen. In diesem Fall sind die Ergebnisse meistens großartig.
Wie würdest du denn deinen Führungsstil beschreiben und wie beschreiben deine Mitarbeiter diesen?
Kathrin: Ich beschreibe meinen Führungsstil als kollaborativ und transparent – und ich denke, meine Mitarbeiter würden mir hier zustimmen. Mein Ziel ist es, jede Aufgabe gemeinsam als Team zu lösen, und ich gebe jedes Lob immer direkt an mein Team weiter.
Es ist mir aber auch wichtig, dass jeder das Feedback ernst nimmt und daraus lernt. Ich habe ein gemischtes Team: Darunter sind erfahrene Mitarbeiter, die schon deutlich länger in der Firma sind als ich, aber ich habe auch sehr junge Teammitglieder. Ich vertraue darauf, dass sie mit einem klaren Ziel und der angemessenen Unterstützung ihren eigenen Weg finden können, um ihre Herausforderungen zu lösen. Deshalb ist es mir wichtig, Ziele und Meilensteine klar zu kommunizieren und Blocker offen und zeitnah anzusprechen. In diesem Prozess können und werden Fehler als Teil des Weges auftreten, und ich bin fest davon überzeugt, dass sie ihnen bei ihrer Weiterentwicklung helfen. Für mich ist es jedoch wichtig, dass wir nicht zweimal denselben Fehler machen.
Julia, wie viel Einfluss hast du auf deine Teamkultur oder sogar auf die gesamte Unternehmenskultur, insbesondere in Zeiten von Covid-19?
Julia: Ich arbeite in der Kommunikation und bin Teil unseres globalen COVID-19-Lenkungsausschusses. In diesem Team haben wir die COVID-19-Maßnahmen analysiert und definiert, sie häufig an die sich ständig ändernden Vorschriften angepasst und im Unternehmen transparent kommuniziert.
Eine zentrale Herausforderung für uns war, dass Mitarbeiter auf der ganzen Welt von einem Tag auf den anderen nicht mehr vor Ort waren und wir sicherstellen mussten, dass wir den Kontakt und den Draht zu ihnen nicht verlieren. Unsere Mitarbeiter-App wurde plötzlich zum Hauptkanal für die interne Kommunikation. Wir haben eine direkte Kommunikation zwischen unserem CEO, dem Management Board Committee und dem gesamten Senior Leadership Team hergestellt, um die geltenden Richtlinien zu erläutern und eine Einschätzung der aktuellen Situation abzugeben. Diese Aktivitäten und insbesondere die zuverlässige Regelmäßigkeit der Updates wurden von den Mitarbeitern sehr geschätzt. Mit diesen Maßnahmen konnten wir den Mangel an Stabilität und die Unsicherheiten, die viele in dieser schwierigen Situation erlebten, durch Offenheit, Positivität und Vertrauen überwinden.
Ich glaube, dass wir mit diesem starken Fokus auf Kommunikation auch die Unternehmenskultur nachhaltig beeinflusst haben. Wir haben einen häufigen Austausch gefördert, beispielsweise durch tägliche Anrufe, bei denen das Wohlbefinden und die Gefühle der Kollegen im Vordergrund standen, dann erst die Arbeit. Dies brachte uns in den einzelnen Teams und im gesamten Unternehmen viel näher zusammen. Dadurch, dass wir offen Herausforderungen und Bedürfnisse angesprochen haben, haben Teamgeist und gegenseitige Unterstützung erheblich zugenommen. Zum Beispiel haben wir während des Lockdowns virtuelle Afterwork-Sitzungen gestartet, um unsere üblichen Mittagspausen oder Kaffeepausen zu ersetzen.